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Fingerfood

Flüchtige Begegnungen, erste Schritte und Fingerfood

In meiner gemütlichen 2-Zimmer-Wohnung im rheinländischen Dortmund lebt es sich seit etwa anderthalb Jahren schon recht gut. Über anstrengende Nachbarn kann ich mich nicht beklagen. Unter mir ist ein älteres, zuckersüßes Ehepaar zu Hause. Auch eine kleine WG lässt sich in unserem Wohnhaus auffinden. Allerdings ist es hinter der Wohnungstür auf der anderen Seite des Flures immer ruhig geblieben. Doch vor acht Wochen ist es passiert. Da fiel die Tür auf einmal mit einem lauten, unerwarteten Geräusch ins Schloss. Wie dieses Geräusch und einiges an Fingerfood mein Leben umgekrempelt haben, möchte ich euch heute erzählen.

Die mysteriöse Schönheit aus der Wohnung gegenüber

Vor acht Wochen passierte etwas sehr unerwartetes. Die Wohnungstür der bisher leeren Wohnung viel ins Schloss. Es entstand ein Geräusch, dass mich, sowohl auch meine Nachbarn, aufhorchen ließ. Da gab es also jemand Neues in unserem wertvollen Zuhause. Konnte es eine 3-köpfige Familie sein? Eine alte Frau mit einem Haufen Katzen, zu welcher man sich gern zu einer Tasse Tee in einem gemütlichen Sessel sitzend gesellen möchte? Möglicherweise könnte es sich es um einen Mitbewohner handeln der es pflegt, laut irgendeine Musik aufzudrehen und somit das gesamte Haus zu unterhalten.

Nachbarn

So viele Stereotypen möglicher Nachbarn mir auch in den Kopf schossen, so weit weg waren sie von der eigentlichen Realität. Und diese hätte sich nicht besser herausstellen können. Denn es war nicht etwa eine herzliche Katzen-Lady oder ein Punk, sondern die Schönheit in Person. Was ich damit sagen möchte, ist, dass eine bildhübsche, junge Frau – etwa mein Alter – nun in der bisher leerstehenden Wohnung hausierte. Jackpot.

Flüchtige Begegnungen im Treppenhaus

Viel Kontakt zu meiner mysteriösen Nachbarin hatte ich in den ersten drei Wochen, in welchen sich hier einlebte, nicht. Das lag nicht etwa daran, dass es keine Gelegenheiten gab, sie anzusprechen. Vielmehr lag es daran, dass ich bei Gegenwart von interessanten Persönlichkeiten zumachte. Ich wurde dann der zurückhaltendste Typ, die Muttererde in diesem Moment zu bieten hat. Lag es an Ehrfurcht? Nervosität? Außerordentlichem Respekt? Wahrscheinlich ein wenig von allem.

So beschränkte sich die Interaktion zwischen uns zunächst auf oberflächliche Gesten. Flüchtiges, aber freundliches Winken zur Begrüßung – kein verbales Grüßen unter Nachbarn. Ein verlegenes, aber offenherziges Lächeln, wenn sich unsere Wege im Treppenhaus kreuzten. Oder ein verstohlener Blick über die Schulter, wenn sie hinter mir die Wohnungstür aufschloss. Manchmal sah ich auch ihren blonden Schopf sich grazil über die Treppe bewegen. Dann versuchte ich mir immer vorzustellen, was sie gerade vorhatte. Zahlreiche Szenarien schossen mir in den Kopf. Manchmal war sie in meinen Gedanken auf dem weg ins Fitnessstudio. Hin und wieder auf dem Weg zu einer guten Freundin, um mit ihr bei einem Glas Eiskaffee für die Uni zu lernen. Alles möglich.

Lernen

Immer dabei: Fingerfood

Eines fiel mir bei unseren zaghaften Begegnungen jedoch stets ins Auge. Immer, aber auch wirklich immer, hielt sie irgendeine Art Fingerfood in den Händen. Dann war es egal, ob an ihren Armen schwere Einkaufstüten hingen oder ob der Wohnungsschlüssel einhändig aus ihrer Tasche gefischt werden musste. Kleine Häppchen begleiteten ihren Alltag. Fingerfood war quasi ein fester Bestandteil ihres Erscheinungsbildes. Vermutlich pflegte sie eine intensive Liebe zu leckerem Essen. Äußerst sympathisch, wie ich fand.

Sollte ich Fingerfood bestellen und damit auf sie zugehen?

In den letzten Wochen machte ich mir wirklich viele Gedanken darum, wie ich meine hübsche Nachbarin ansprechen sollte. Wäre ich ihr ganz normal im Flur begegnet und hätte sie aus der Kalten  ansprechen müssen, hätte es mich sicherlich so aus der Bahn geworfen, dass ich nur ein gestammeltes “Hallo, ich bin Phil.” rausgebracht hätte. Peinlich. Es wäre keine lässige Vorstellung meiner Person hervorgekommen, die folglich in einem netten Gespräch geendet wäre.

Nein, es musste eine Situation her, in der ich die Oberhand hatte. Kein Zufall, der mich einfach überrumpeln konnte. Was mir wirklich aufgefallen war, war ihre Zuneigung zu Fingerfood. Da kam mir auch schon die Idee. Ich würde bei den LieferZwergen leckeres Fingerfood bestellen. Ausgewählte Häppchen würden dann ein leckeres Frühstück ergeben, mit welchem ich auf sie zugehen könnte. Hoffentlich würde sie sich freuen. Oder war diese Idee zu abgedreht?

Eine große Auswahl …

Schnell befanden sich köstlich aussehende Wraps gefüllt mit frischem Gemüse in meinem Warenkorb. Dazu gesellten sich Spieße aus den verschiedensten Käsesorten mit knallroten Cherrytomaten und knackigen Weintrauben. Müsli im Glas mit geschnippeltem Obst und kühlem Joghurt durften natürlich auch nicht fehlen. Ich versuchte soviel verschiedenes Fingerfood wie nur irgendwie möglich und Brötchen zu bestellen, um ihren Geschmack wirklich zu treffen. Es wäre ein großer Reinfall, wenn ich all das leckere Fingerfood bestellen würde und dieses ihr dann nicht zusagen würde. Das Frühstück würde man dann zu mir nach Hause liefern.

Fingerfood

Erste Schritte und Fingerfood im festen Griff

Da war er also gekommen. Der Tag X. Der Moment der Momente. Ich würde sie ansprechen. Warum machte ich mir das Leben eigentlich selber so schwer? Von angespanntem Von-einem-Bein-aufs-andere-treten würde ich die Nervosität auch nicht loswerden. Je länger ich also vor ihrer Tür stand und so vor mich hin prokrastinierte, sprich, mich davor drückte endlich auf ihre Klingel zu drücken, desto schwerer fiel es mir. Mensch, Phil, gib dir doch mal einen Ruck, schoss es mir mahnend in den Kopf.

Als wäre ich in einem schlechten Film, öffnete sich mit einem energischen Ruck die Tür. Das konnte doch jetzt nicht wirklich wahr sein. Oder doch? Jedenfalls stand sie plötzlich vor mir. Darauf war ich definitiv nicht vorbereitet. Mich verlegen am Hinterkopf kratzend lächelte ich ihr nervös entgegen. Das musste ein merkwürdiges Bild für sie ergeben. Da wollte sie nichts ahnend die Wohnung an einem Samstagmorgen verlassen und dann stand auf einmal der merkwürdige Nachbar mit Frühstück in der Hand vor der eigenen Wohnung. Zum schreien. In meinem Fall zum im Erdboden versinken.

Überraschenderweise grinste sie mich einfach nur an. Klar war sie zunächst verwirrt. Doch ihr Grinsen schwand auch nicht, als ich ihr brabbelnd vom Frühstück mit leckerem Fingerfood erzählte. Irgendwie musste ich diese peinliche Situation retten. Sagen wir es mal so: ich habe das Beste daraus gemacht. Nach einigem hin und her und etwas Gestammel meinerseits bat sie mich in ihre Wohnung. Sie war wohl selber gerade auf dem Weg, um Brötchen vom Bäcker zu holen. Wie passend, dass ich durch meine Bestellung schon Fingerfood bereithielt. Einem gemeinsamen Frühstück stand also nichts mehr im Wege.

***

Das Ende vom Lied. Auch ich war ihr über die letzten Wochen schon ins Auge gefallen. Anscheinend hatte sie sich einen Spaß daraus gemacht abzuwarten wann und wie ich sie denn ansprechen würde. Frech, aber raffiniert. Das Fingerfood der LieferZwerge aus Dortmund hat sie so beeindruckt, dass wir uns nun regelmäßiger zu gemeinsamen Frühstück treffen. Wer weiß, vielleicht steht ihre Wohnung in ein paar Monaten wieder leer und meine erfreut sich über einen weiteren Gast…

Nachbarn